Dienstag, 28. Oktober 2014

Lehrerarbeitszeit - ein erstes Zwischenfazit

Dass Lehrer unfassbar faul sind und praktisch nur von Ferien zu Ferien leben, ist ja nichts Neues! Beziehungsweise hält sich das Klischee bei Einigen hartnäckig. Auch Altkanzler Schröder äußerte sich einst wenig staatsmännisch, als er die Lehrer "faule Säcke" nannte.
Zum Glück aber erkennen die meisten doch, dass auch Lehrer ein nicht geringes Arbeitspensum zu erfüllen haben, solange man nicht den Fehler macht und nur den Unterricht am Vormittag in seine Überlegungen einzubeziehen.

Studienlage

Ich selbst stellte mir zu Beginn des Jahres die Frage, wie lange ich denn tatsächlich arbeite. Natürlich gibt es auch einige Studien zu dem Thema, die in etwa aussagen, dass die durchschnittliche Arbeitszeit eines Lehrers ein klein wenig über der durchschnittlichen Arbeitszeit eines Beamten liegt. Dabei gibt es Fälle, in denen das Arbeitspensum deutlich darüber liegt, aber natürlich auch Fälle, in denen es deutlich darunter liegt. Das hängt mit der Schulart, den gewählten Fächern und natürlich auch mit der persönlichen Einstellung eines jeden Lehrers zusammen. Natürlich sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass die Studien auf die Angaben der Lehrer angewiesen waren, man konnte ihnen ja nicht 24 Stunden am Tag über die Schulter blicken. So wäre es beispielsweise also auch denkbar, dass ein Sozialkundelehrer eine Zeitungslektüre als Vorbereitungszeit verbuchte.



Was mir in den verschiedenen Studien aber stets gefehlt hat, waren genaue Aufteilungen der Arbeitszeiten. Wie viele Stunden entfällt auf die Vorbereitung, wie viele auf die Nachbereitungen, wie viele auf Lehrerkonferenzen, auf Elterngespräche, auf Organisatorisches, usw.

Ich wollte mir also nun ein eigenes Bild von der Lage machen und beschloss, meinen genauen Arbeitszeiten in eine Excel-Tabelle einzutragen. Der Zeitaufwand dafür ist minimal, die tägliche Pflege der Tabelle erfordert maximal fünf Minuten, die erstmalige Erstellung der Tabelle vielleicht eine halbe Stunde. Das erhoffte Ergebnis ließ mir diese Mühe ertragbar erscheinen.
Eines noch vorab: Natürlich handelt es sich bloß um eine subjektive Einschätzung der Lage, mit der ich weder auf andere schließen möchte und mit der ich genauso wenig Gefühle wecken möchte. Es ging immer bloß um mein persönliches Interesse, nicht mehr.
Und natürlich konnte ich nicht jede Minute genau wiedergeben, ich habe mich aber bemüht, alles möglichst originalgetreu zu dokumentieren. Bei kleiner Pausen von vielleicht zwei oder drei Minuten habe ich die eingetragene Arbeitszeit einfach ein paar Minten später beginnen bzw. früher enden lassen, damit ich mir etwas Arbeit in der Excel-Tabelle ersparen konnte.

Bisherige Erfahrungen

Bisher kann ich drei komplette Schuljahre aufweisen, die sich im Arbeitsaufwand aber deutlich unterscheiden. Das erste Jahr im Referendariat entpuppte sich als vergleichsweise harmlos. Zwar war man an vier Tagen der Woche durch die Semiarsitzungen auch nachmittags an der Schule, hatte aber (in meinem Fall) noch wenig vorzubereiten. Selbst am Ende des Jahres kam ich auf nur etwa fünf Unterrichtsstunden in der Woche. An anderen Schulen (und vor allem in anderen Bundesländern) sieht dies zum Teil anders aus, dort ist die Belastung im ersten Jahr deutlich höher. Mir ist also bewusst, dort großes Glück gehabt zu haben.
Dennoch war das erste Jahr kein Zuckerschlecken, zu den fünf selbst gehaltenen Stunden Unterricht kamen viele Stunden Hospitationen und Fachsitzungen. Vergessen darf man auch nicht, dass die Vorbereitungszeit zu Beginn noch sehr hoch ist. Zum Teil habe ich vier oder fünf Stunden für eine normale Unterrichtsstunde von 45 Minuten benötigt. Dies wurde zum Glück mittlerweile besser. Auch kamen Korrekturarbeiten auf und zu, die aber auch überschaubar waren, da z.B. im Fach Deutsch alles unter den acht Referendaren aufgeteilt wurde. Zwei Lehrproben haben zwar einen deutlichen Mehraufwand bedeutet, waren aber natürlich zu bewerkstelligen.

Das zweite Jahr sollte anders werden. Deutlich anders! Die Unterrichtszeit erhöhte sich von fünf auf 17 Stunden. Der Vorbereitungsaufwand war ungleich höher, was eine echte Herausforderung darstellte. Hinzu kamen natürlich auch jede Menge Korrekturen (in meinem Fall leider im Fach Deutsch...) und auch Prüfungen. Es wurde erwartet, parallel den Unterricht zu gewährleisten und auch für die Prüfungen zu lernen. Und eine Lehrprobe, sowie eine schriftliche Hausarbeit wartete auch noch. Klar, dass da eine "Disziplin" darunter leiden muss, auch wenn es mehrere Fälle gab, in denen ich die Nacht durcharbeitete und am nächsten Tag dennoch wieder sechs Stunden vor der Klasse stand. Gut, zwei Nächte waren es nur, aber die hatten es arbeitstechnisch in sich...
Ich hatte nie genau Buch über den Arbeitsaufwand im zweiten Jahr geführt, bloß ab und an ungefähre Zeiten notiert und an den arbeitsintensivsten Wochen kam ich gerne mal auf 70-80 Stunden Arbeit.

Das dritte Jahr wurde wieder angenehmer. Zum ersten Mal als komplett fertiger Lehrer zu arbeiten hatte auf jeden Fall was schönes, auch wenn ich an eine andere Schulart wechseln musste und fast nur noch andere Fächer unterrichtete. Dennoch war die Arbeit eine schöne, da ich viele Klassen parallel hatte (was die Vorbereitungszeit deutlich verringert) und auch an einigen Stunden als Differenzierungskraft (zweite Lehrkraft in einer Klasse für intensiven Unterricht mit einem oder wenigen Schülern) eingesetzt wurde.
Kurzum: Ich war nicht faul, aber der Arbeitsaufwand war human und akzeptabel.

In allen drei Jahren hatte ich kaum organisatorische Arbeit, ein großer Vorteil, wenn man keine Klassleitung inne hält. Auch Elterngespräche waren eher die Ausnahme, war ich doch meistens nur ein Fachlehrer.

Neues Schuljahr

Das Schuljahr startete dieses Jahr an einem Dienstag (andere Bundesländer machen teilweise echt verrückte Dinge und starten an einem Montag, nachdem sie sich an einem Freitag in die Ferien verabschiedeten. Solche Freaks!), meine Arbeit begann mit der ersten Lehrerkonferenz am Montag. In den Sommerferien zuvor habe ich fast nichts gemacht, so viel Ehrlichkeit muss sein.
Schon im Vorfeld wusste ich, dass ich eine eigene Klasse bekommen werde und dass diese Klasse die größte der Schule sein wird. Schnell war also klar, dass das vergleichsweise lockere Schuljahr aus dem Vorjahr nicht wiederholt werden kann.

Ohne große Vorrede hier meine Verteilung der Arbeitszeit in der ersten Woche:


Was als erstes ins Auge sticht, dürften die unzähligen gelben Felder sein, die für Organisatorisches stehen. Dazu zähle ich (auch in den Folgewochen) unterschiedliche Dinge, die vor allem auch mit dem Job des Klassenlehrers zusammenhängen. Bei uns ist eine Hausaufgabentafel in den Zimmern Standard, dafür brauchte ich laminierte Zettel mit den Wochentagen und Fächern, ich brauchte ein System für die Dienste der Klasse (Tafeldienst, Ordnungsdienst, usw.), ein System für Hausaufgaben und Mitarbeit, etc. pp. Insgesamt ein Arbeitsaufwand, den ich deutlich unterschätzt hatte. Ich musste alles neu anfertigen, konnte lediglich auf die Theorie der Systeme der Kollegen zurückgreifen.
Leider blieb in den ersten Tagen kaum Zeit für die Vorbereitung des Unterrichts, was aber nicht dramatisch war, da ohnehin kaum Unterricht stattfand, auch die Klasse musste erst noch organisiert werden.
Der Bereich "Einkauf" steht für die Besorgung für Unterrichtsmatierialien bei den einschlägigen Verkaufsstätten der Schulbuchverlage in München. Klar, dass dies nur zu Beginn des Jahres zu Buche schlägt.
Die gesamte Arbeitszeit in der ersten Woche betrug 49,5 Stunden, wobei ich den Arbeitsweg natürlich NICHT mit einberechnet habe.
Die Untätigkeit am Donnerstag und Freitag Nachmittag begründet sich durch eine Demonstration am Freitag Abend, an deren Organisation ich beteiligt war und die noch viel Vorbereitungszeit erforderte

Der Hammer zur zweiten Woche

Die zweite Woche in diesem Schuljahr war happig! Auch hier erst mal die Übersicht:


Verheerend war hier, dass jetzt zum ersten Mal auch die Unterrichtsvorbereitung im großen Stil hinzukam, wie man an den vielen roten Flecken sehen kann. Auch zu sehen: Der freie Mittwoch. Eigentlich eine schöne Sache, mittlerweile aber finde ich das gar nicht mehr so toll, es bedeutet schlichtweg mehr Arbeit an den Nachmittagen der anderen Tagen, während bei fünf Tagen in der Schule immer Freistunden dabei wären, in denen solche Arbeiten (Hausaufgaben oder Proben korrigieren) erledigt werden können.
In der Summe kam ich in der zweiten Woche auf 63 Stunden Arbeit, was schon sehr viel war. Zum Glück ging es in den kommenden Wochen wieder etwas zurück, aber es hat sich gezeigt, was in diesem Jahr möglich sein wird. Wenn die Zeit der großen Proben oder der Quali-Abschlussprüfungen kommt, droht erneut ein derartiges Ungemach.

Eine durchschnittliche Woche

Wie gesagt, Woche 2 war der Ausreißer nach oben, alles davor und danach gestaltete sich bis dato human. Als durchschnittliche Woche ziehe hier mal die fünfte Woche als Beispiel heran, zu sehen ist im Folgenden die Verteilung der Arbeitszeit.


Kurz zur Erklärung der einzelnen Punkte: Unterricht/Aufsicht meint zum einen natürlich den Unterricht an sich, zum anderen allen Arten von Aufsicht. Dies kann Pausenaufsicht bedeuten, an meiner Schule aber auch die Aufsicht vor der ersten Stunde und zwischen den Stunden 4 und 5 (kleine Pause).
Unter Vorbereitung verstehe ich alles, was ich an Unterricht vorbereite. Das geschieht zum größten Teil zuhause, dort habe ich alle wichtigen Materialien, die ich dafür brauche. Der Nachteil ist aber die größere Ablenkung, die vor allem in Form des Internets auftritt.
Nachbereitung meint die Korrekturen von Hausaufgaben (an unserer Schule Standard) und Proben. Die Hausaufgabenkorrekturen fressen viel Zeit, vor allem in Mathe, wo zu Übungszwecken einfach am meisten aufgegeben wird. Proben korrigieren sich dieses Jahr relativ schnell, kein Vergleich zur Realschule. Bei kleinen Proben bin ich teilweise in 20 Minuten durch. Ich versuche, diese Arbeiten möglichst in der Schule zu erledigen, gleich nach Unterrichtsschluss, dann ist meine Konzentration noch am höchsten.
Organisatorisches betrifft vor allem das, was mit der Klassleitung zusammenhängt. Hausaufgabenlisten aktualisieren, die Mitarbeit begutachten, Schülerakten auf dem neuesten Stand halten, Elternbriefe vorbereiten, Ausflüge organisieren, Noten eintragen, Erziehungsmaßnahmen ausstellen und überwachen, usw. Insgesamt viel mehr, als ich zu Beginn gedacht hätte.
Lehrerkonferenzen meinen nicht nur die großen Konferenzen, an denen alle beteiligt sind, sondern auch pädagogische Gespräche mit wenigen Kollegen über eine Klasse oder einen Schüler. Natürlich hab ich hier nicht jedes kleine Gespräch unter Tür und Angel gelistet, sondern groß entsprechend zeitaufwendige Unterhaltungen. Elterngespräche laufen in der Sprechstunde, am Elternabend, am Telefon oder auch mal per Mail ab. In der fünften Woche kamen keine Elterngespräche zustande, da in der Folgewoche ohnehin der erste Klassenelternabend stattfand.
Fortbildungen dürften selbsterklärend sein, Einkauf wurde schon thematisiert.

Zwischenfazit

In den ersten sechs Wochen habe ich im Schnitt etwas mehr als 53 Stunden in der Woche gearbeitet, die genaue Aufteilung findet sich im folgenden Bild:


Wie man sehen kann, fällt der größte Teil der Arbeit schon auf den Unterricht, insgesamt aber beträgt dieser Teil nicht einmal 50%. Die größte Überraschung für mich ist, dass die organisatorischen Arbeiten in etwa der Zeit für die Vorbereitung entsprechen, was schade ist, da ich gerne mehr Zeit für die Vorbereitung hätte. Ich hoffe aber, dass sich die gelben Bereiche im Laufe der nächsten Wochen noch etwas verringern werden und mehr Zeit für die eigentliche Arbeit bleibt.
Elterngespräche fielen bislang kaum ins Gewicht, allerdings hab ich in den ersten beiden Wochen nach den Ferien gleich noch einmal vier Termine, sodass sich dieser Wert bis zum nächste Zwischenfazit auch noch etwas erhöhen dürfte.
Fortbildungen stehen auch ins Haus, zwei Stück im November.
Was in den Ferien noch ansteht, sind zum einen "Aufräumarbeiten" in den digitalen und analogen Ordnern zur Schule, was ich auch als "Organisatorisches" verbuchen werde, genauso wie die Erstellung von Förderplänen, die immens viel Zeit kosten werden, wenn ich mir die Vorlagen dazu anschaue. Genauer betrachtet wird sich der gelbe Bereich also so schnell doch nicht verringern...

Wie immer gilt: Ich lese über meine Texte nicht drüber, Rechtschreib- und Grammatikfehler dürfen also behalten werden;)

1 Kommentar:

  1. Hallo Namensvetter, hast du die Datei zur Zeiterfassung selber erstellt und würdest die Vorlage teilen oder hast du einen Linktipp dafür?

    Viele Grüße
    Daniel

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